ÜBER
MEINE
SCHRIFTEN
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FLUGSCHRIFT DER
KOBERSCHEN VERLAGSBUCHHANDLUNG 1930
Anmerkung: Diese Flugschrift ist auch im Sammel‐ 00
band „NACHLESE” (1.Auflage 1953, erweiterte Auf‐ 00
lage 1990) enthalten, der vom Verlag NACH dem Tod 00
des Meisters herausgegeben wurde mit der Absicht, 00
VERSCHIEDENSTE Schriftzeugnisse des Meisters vor 00
dem Vergessen zu bewahren.
ÜBER MEINE SCHRIFTEN
DASS es zu allen Zeiten Menschen gab, die in
geradezu bewunderungswürdigem Glauben an
sich selbst und die Unfehlbarkeit ihrer Gesichte,
vermeintliche «Wahrheit» Anderen fanatisch auf‐
zudrängen suchten, ‒ daß es niemals an macht‐
lüsternen Spekulanten auf die willige Leichtgläu‐
bigkeit frommer Seelen fehlte, ‒ weiß jeder, der
das Sehnen der Menschheit kennt, die Mauern zu
überfliegen, die physisch-sinnlichem Erkennen un‐
übersteigbar sind.
.Das darf aber nicht davon abhalten, Mitteilung
menschlicher Erfahrung in überirdischen Gebieten
stets wieder aufs neue zu prüfen, denn wenn auch
hier auf tausend Irrtümer, ‒ auf tausend Bekun‐
dungen bloßen Geltungstriebes, ‒ nur ein ein‐
ziger Einblick in übererdensinnliche Wirklich
keit käme, so wäre die Aufmerksamkeit schon
reichlich belohnt.
1 Über meine Schriften
Ich bin in der wenig beneidenswerten Lage, solche
prüfende Aufmerksamkeit für meine eigenen Be‐
kundungen fordern zu müssen.
.Es handelt sich hier nicht etwa um eine «Welt‐
anschauung», sondern um die Mitteilung meiner
Erfahrungen, die in jeder Form religiöser
Überzeugung ihren Platz finden können, sofern
nur die Möglichkeit übererdenhafter Erfah‐
rung nicht a priori weggeleugnet wird.
.Aufs beste vertraut mit den guten Gründen zur
Skepsis gegenüber der von mir behaupteten Mög‐
lichkeit solche Erfahrungen zu machen, bestreite
ich gewiß keinem Menschen das Recht, fürs erste
den in meinen Schriften gegebenen Berichten über
die geistige Wirklichkeit, die uns alle trägt, mit
äußerster Vorsicht und mit mancherlei Zwei
fel zu begegnen.
.Aber auch ich muß das Recht erwarten, die
Bekundungen meiner geistigen Erfahrung davor
bewahrt zu sehen, daß man sie unbedacht zu einer
Kategorie menschlicher Äußerungen zähle, die mir
zum mindesten gleich fatal und glaubensunwürdig
ist, wie dem hartgesottensten Skeptiker unter mei‐
nen Lesern.
2 Über meine Schriften
.Ich muß ferner darauf hinweisen, daß es sich in
allen meinen Schriften immer um zwei voneinan‐
der sehr verschiedene Mitteilungskomplexe han‐
delt: ‒ um das, was mir evident wurde als Allen
erreichbares menschliches Erfahrungsgut, auch
wenn Weite und Tiefe der möglichen Erfahrung
hier stets von individueller Eignung abhängen, ‒
und sodann um Mitteilung aus gesonderter, nur
mir selbst eröffneter Erfahrungsweise, soweit
solche Mitteilung möglich und nötig ist.

Ich rede in meinen Büchern nur von Dingen, die
mir Inhalt eigenen Erlebens sind.
.Gerade darum aber war ich zuweilen genötigt,
auch von der Art und Weise dieses Erlebens
Bekenntnis abzulegen.
.Wie es sich aber, beispielsweise, in den Schrif‐
ten eines Botanikers gewiß nicht in erster Linie
um das individuelle Erleben des Forschers in der
Landschaft handelt, die ihm sein Studienmaterial
an die Hand gab, sondern um die Bereicherung
seiner Spezialwissenschaft, so will ich auch in
meinen Büchern alles, was ein nicht allen zugäng‐
3 Über meine Schriften
liches individuelles Erleben betrifft, lediglich als
erklärende Beigabe betrachtet wissen, und ich lege
Wert darauf, daß meine Leser sich zueignen, was
ihre Fähigkeit zu eigener Erfahrung im inner‐
sten Seinsbereich des Menschen zu fördern sucht.
.Jeder, der sich einmal eingefühlt hat in meine
Darstellungsweise und dann Wort und Silbe in
sein Inneres dringen läßt, wird aus seiner eigenen
innersten Tiefe empfangen, wessen er bedarf.

Nichts aber wäre verkehrter, als wenn man sein
Interesse mir, als dem Mitteilenden, zuwenden
wollte, statt es allein auf die Mitteilung zu
konzentrieren!
.Mit allem Nachdruck muß ich mich hier denn
auch dagegen verwahren, etwa eine neue «geistige
Bewegung» oder eine neue Religionsform ins
Leben rufen zu wollen.
.Die Menschheit dieser Tage hat wahrlich eine
reiche Auswahl an Religionsgemeinschaften zur
Verfügung, und jedes Gemüt kann die Formen
wählen in denen seinem Verehrungsbedürfnis, dem
Göttlichen gegenüber, Genüge geschieht.
4 Über meine Schriften
.Wir brauchen gewiß keine «neue Religion» und
noch weniger neue Sektenbildungen!
.Was hingegen bitter nottut, ist ein Erwecken der
lebendigen geistigen Kräfte, die der Erdenmensch
auch heute noch in sich selber finden kann, genau
wie sie jene früheren in sich fanden, die als erste
Gläubige sich um die heute jahrtausendealten reli‐
giösen Symbole scharten.
.Was da in unseren Tagen so vielen als «veraltet»
und nicht mehr «der Zeit gemäß» erscheint, steht
immer noch erst am Anfang seiner realen gei‐
stigen Auswirkung, und wenn diese Zeit das Alt‐
gegebene als ihr nicht mehr «gemäß» empfindet,
so ist sie nur insofern im Recht, als ihr der Maß‐
stab fehlt für die Höhe und Tiefe der verborgenen
Wahrheit, die sie in ihren überlieferten religiösen
Symbolen finden könnte, forderten die Gläubigen
nicht einen Glauben an Worte, wo alles «Wort»
nur als Symbol begriffen werden kann...

Gewiß sind die Mitteilungen meiner Bücher in
erster Linie für Menschen bestimmt, die vergeb‐
lich versuchten in den überkommenen religiösen
5 Über meine Schriften
Formen zur wahren Gottverbundenheit zu gelan‐
gen, und die dennoch das Bedürfnis in sich fühlen,
ihr Dasein im Einklang mit dem geahnten, ewigen
Lebensgrunde zu empfinden.
.Darüber hinaus aber wollen die gleichen Mit‐
teilungen aus den Erfahrungsbereichen ewiger
Wirklichkeit auch jene Menschen erreichen, die
zwar in den altehrwürdigen Formen religiöser
Überlieferung verharren, aber aus einer Gewissens‐
not in die andere geraten, weil konventionelle
Wortgebundenheit sie hindert, die ewigen Kräfte
der Seele in sich zu lösen, die ursprünglich durch
das Aufnehmen der Glaubenssymbole erweckt und
gelöst werden sollten.
.Was ich an Mitteilungen über geistiges Erfah‐
ren gebe, soll nicht etwa die alten religiösen Fas‐
sungsformen urständiger Wahrheit «überflüssig»
machen, sondern ihren kostbaren Inhalt für das
Bewußtsein wieder erkennbar werden lassen.
.So gewiß dieser verborgene Inhalt zu finden ist,
so gewiß ist es ein verhängnisvoller Irrtum, zu
glauben, daß neue Gemeinschaftsbildung nötig sei,
um das Verborgene dem inneren Sinn zu ent‐
hüllen.
6 Über meine Schriften
.Auf solche Weise gerät man nur in erhebliche
Gefahr, wirkliches Weisheitsgut, das man uner‐
kannt besaß, endgültig zu verlieren, um für sol‐
chen Verlust dann die fragwürdigsten Idole ein‐
zutauschen, die jemals irrende Gehirne sich er‐
schaffen haben.
.Es gab allezeit reichlich Beispiele, die das be‐
stätigten, und wenn man sie in unseren Tagen
sucht, wird man nicht weit zu gehen brauchen.

Wer in den Symbolen seiner angestammten Reli‐
gionsform die ewige Wahrheit finden will, der soll
in Vertrauen bei diesen Symbolen verharren, bis
sie sich ihm erschließen.
.Was ich in meinen Schriften niederlegte, ist
nicht in allen Stücken für ihn bestimmt, ‒ aber
gar vieles wird er sich zu eigen machen können,
auch wenn er sich genötigt sehen mag, die Weise
meiner Mitteilung in die gewohnte Formel seiner
religiösen Lehrmeinung zu «übersetzen».
.Er wird genug der Worte finden, die seinen
Glaubenswillen neu beleben, und wo er nur im
7 Über meine Schriften
Kampfe gegen schwere Zweifel sich noch Glauben
zu erringen suchte, dort wird er durch die Mittei‐
lungen die ich ihm zu geben habe, erst wieder zur
inneren Sicherheit kommen.
.Aber auch dort, wo man nicht mehr gewillt
ist sich religiöser Leitung anzuvertrauen, wird
dennoch manche vordem verdunkelte Lehre aus
altem Religionsgut aufzuleuchten beginnen, so daß
sie, auch ohne Bindung an irdische Bekenntnis‐
form, in der Seele Eingang findet.

Was ich mitzuteilen habe, steht jenseits von
Glaube und Unglaube!
.Jede Religionsform hat ihre Apologeten und
jede Apologie hat ihre Widersacher.
.Es gibt kein unfruchtbareres Zeitvergeuden, als
das Gezänk um religiöse Meinungen.
.Nichts liegt mir darum ferner, als die törichte
Absicht, irgend einem Glauben, oder irgend einer
Glaubensablehnung als Eideshelfer dienen zu
wollen.
8 Über meine Schriften
.Der Leser meiner Bücher mag zusehen, wie sich
das, was ich ihm zu sagen habe, in seine «Welt‐
anschauung» einfügen läßt, aber er darf nicht an
meine Schriften herangehen in der irrigen Mei‐
nung, als stünde ich im Dienste irgend einer Reli‐
gionsform, oder deren Gegner.
.Obwohl ich versuche, allen Bezirken mensch‐
lichen Erlebens gerecht zu werden, kann man
doch von einem Hauptinhalt meiner Schriften
sprechen, der sich vielleicht auf folgende Formel
bringen läßt:

Ich gebe Mitteilung von der mir erfahrungsgemäß
bewußten Verwurzelung des Erdenmenschen in
einem mit physischen Sinnen unfaßbaren, aber
gleichwohl nur «sinnenhaft» durch geistige
Sinne erfahrbaren, substantiellen «geistigen»
Kräftebereich, in dem das individuelle Bewußt‐
sein des Menschen schon während dieses erden‐
körperlichen Lebens zum Erwachen kommen
kann, ‒ in dem es aber unweigerlich nach dem
Aufhören physisch-sinnlichen Daseins zum Er‐
wachen kommen muß.
9 Über meine Schriften
.Ich gebe Mitteilung von der mir erfahrungs‐
mäßig bewußten Hierarchie individueller geistiger
Helfer, die ausgeht aus dem innersten Urkern des
genannten geistigen Kräftebereiches, und herab‐
steigt bis in das Menschentum auf diesem Planeten,
allwo sie in einzelnen, vor ihrem irdischen Wer‐
den dazu vorbereiteten Menschen zur Auswirkung
kommt.
.Ich gebe Mitteilung von der mir erfahrungs‐
mäßig bewußten Möglichkeit, in geistigen Konnex
mit dieser Hierarchie zu kommen, und zeige den
Weg, wie das zu erreichen ist.
.Ich gebe endlich auch Mitteilung, wie ich selbst
zu der mir zugänglichen Erfahrung kam, und wes‐
halb ich dazu kommen mußte.

Die Benennungen in denen ich von dem mir
erfahrungsmäßig bewußten «geistigen Kräftebe‐
reich» und seinem innersten «Urkern», sowie von
den Gliedern der von ihm ausgehenden «geistigen
Hierarchie» zu reden pflege, entstammen keiner
sprachlichen Willkür, sondern entsprechen der
10 Über meine Schriften
Fassungsform, die allen auf Erden ausmündenden
Gliedern dieser Hierarchie gemeinsam ist.
.Das schließt jedoch nicht aus, daß jeder Auf‐
nehmer meiner Mitteilungen diese Benennungen
in die ihm gemäße oder liebgewordene Redeweise
übertragen kann, möge er die Worte aus dem
Begriffschatz seiner angestammten Religionsform
wählen, oder sich selbst seine individuellen Be‐
zeichnungen schaffen.
.Es kommt nur darauf an, daß er das geistig
Wirkliche erfühle, auf das meine Benennun‐
gen hindeuten.
.Wenn man bei einem gewissen religiös bestimm‐
ten Sprachgebrauch verbleiben will, so darf man
wahrlich sagen, daß ich von «Heilstatsachen»
Mitteilung gebe, ‒ allein, ich kenne «Heilstat‐
sachen» nicht nur als einmaliges Geschehen,
sondern als immerwährenden Vorgang.

Wohl bin ich mir des Mangels bewußt, daß ich
nicht an allen Stellen meiner Mitteilungen, und
nicht zu allen Zeiten der Niederschrift, die gleiche
11 Über meine Schriften
Eindeutigkeit des Ausdrucks zu erreichen ver‐
mochte, aber der Leser, dem es nur um den Wahr
heitsgehalt des Gesagten zu tun ist, wird gewiß
dennoch bald erkennen lernen, wie ich meine
Worte verstanden wissen will.
.Die Weise des sprachlichen Ausdrucks ist eine
Angelegenheit erdenmenschlicher Vervollkomm‐
nung, und überdies handelt es sich in meinen Mit‐
teilungen, soweit sie das nur auf innere, geistige
Art Erkennbare betreffen, um Dinge, die in Worten
kaum darstellbar sind.

Es ist mir nicht «Bedürfnis» sondern unumgäng‐
liche Pflicht, das geistig Erfahrene meinen Mit‐
menschen mitzuteilen, und ich muß hier gestehen,
daß mir die Erfüllung dieser Pflicht von allem
Anfang an wahrlich nicht leicht geworden ist.
.Mit der erfolgten Niederschrift ist jedoch meine
Pflicht getan, so daß ich dann gerne höherem
geistigen Wirken überlasse, den dargebotenen Sa‐
men in geeignetes Erdreich zu versenken, damit
er lebendige Frucht hervorbringe, wo immer es
möglich werden kann.
12 Über meine Schriften
Gewiß gewahre ich mit Freude, daß so manches
Samenkorn schon aufgegangen ist, aber diese
Freude äußert sich in mir nur als ein Mitempfin‐
den geistigen Geschehens, dem ich hier auf Erden
dienen durfte.
.Peinlich aber berührt mich stets die gutgemeinte
Zusicherung mancher Leser meiner Schriften, daß
sie durch nichts mehr sich abwenden lassen wür‐
den von dem, was sie durch mich empfingen.
.Ich höre aus solchen Worten ein Treuegelöbnis,
das ich weder erwarte noch gutheißen kann, denn
wer wirklich erfaßte, was ihm meine Mitteilungen
geben wollen, der weiß, daß er nur sich selber
die Treue zu halten braucht um fortan gesichert zu
sein vor allem Irrtum, und geborgen zu bleiben
in seinem lebendigen Gott.

Was meine Schriften übermitteln, soll nicht etwa
«geglaubt», sondern sachlich aufgenommen wer‐
den, so daß es Erweckung eigenen innersten Er‐
lebens bewirken kann.
13 Über meine Schriften
.Ich bin kein Prophet, der «Bekenner» braucht,
‒ kein Kämpfer, der nach «Anhängern» hinter
sich blickt, ‒ sondern nur ein Vermittler geistiger
Einblicke in die ewige Heimat des Menschen.
.Wer meiner Führung sich vertrauen mag, den
führe ich nicht zu mir, sondern auf den Weg zu
seinem eigenen innersten, ewigen Lebensgrund, der
mir erfahrungsgegenwärtig ist zu jeder Zeit, weil
ich selbst in ihm bewußt geworden bin.
.Das Ungewohnte solcher Bekundung lasse der
Leser meiner Bücher getrost auf sich beruhen, bis
er durch Benützung der gegebenen Hinweise selbst
zur Einsicht in seine ewige Natur gelangte, und
damit zu eigener Urteilsgewißheit.
.Dann werden ihm meine Worte nur noch Be
stätigungen seines Selbsterlebens sein!
*
14 Über meine Schriften
ENDE